Wer wie ich gerne fremdsprachige Klassiker liest, der steht sehr oft vor der Frage, zu welcher Version man denn nun greifen soll. Manche Texte, wie zum Beispiel Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray gibt es in unzähligen Varianten. Doch welche ist nur eine billig hingerotzte Version, die einem Verlag etwas zusätzlichen Absatz schaffen soll und welche Version taugt etwas? Man will ja letztendlich ein angenehm lesbares Buch.
In diesem Beitrag zeige ich euch meinen Ansatz, wie ich versuche, die bestmögliche Übersetzung fremdsprachiger Klassiker zu finden.
Das Problem mit den Übersetzungen
Wer hofft, dass es für Übersetzungen eine praktische Datenbank gibt, den kann ich hier schon enttäuschen. Gibt es natürlich nicht. Der Buchhandel ist ein unübersichtliches Gebilde und das zeigt sich auch in dieser Kategorie. Man muss sich schon selbst auf die Suche begeben.
Auch Übersetzungen haben ein Urheberrecht. Es kommt bei Verlagen also durchaus vor, dass eine gemeinfreie Übersetzung genommen und abgedruckt wird, weil man so sein Verlagsprogramm leicht mit bekannten Büchern schmücken kann und dabei noch eine Menge Geld spart.
Dem ein oder anderen Leser mag das egal sein, doch ich bevorzuge es immer, eine deutsche Version in zeitgemäßer Sprache zu haben, die sich angenehm lesen lässt und nicht nach 19. Jahrhundert riecht.
Dazu entwickelt sich auch die Übersetzerkunst weiter fort. Früher haben Übersetzer oft noch sehr viel freier (und auch unsauberer) als heute gearbeitet und stilistisch stärker eingegriffen. Heute versucht man, sich so stark wie möglich am Autor und dessen Eigenheiten zu orientieren, um dem Original so viel wie möglich zu entsprechen – nur eben in einer anderen Sprache.
Es lohnt sich also, die Mühe auf sich zu nehmen und nicht einfach zur ersten x-beliebigen Version zu greifen.
Wie also findet man eine vernünftige Übersetzung?
5 Ansätze, die beste Übersetzung zu finden
Meine erste Anlaufstelle ist in der Regel tatsächlich Wikipedia. Bei vielen Büchern findet man am Ende des Artikels eine Liste mit deutschen Ausgaben. Doch leider ist Wikipedia natürlich nicht perfekt. Manchmal ist eine solche Liste gar nicht vorhanden, manchmal ist sie unvollständig, manchmal fehlen die Jahreszahlen der Übersetzungen. Einschätzungen zur Qualität der Ausgabe gibt es auch hier nicht.
Dennoch finde ich auf Wikipedia meistens schon das, was ich suche.
Eine weitere Möglichkeit ist es, auf buchhandel.de das Verzeichnis lieferbarer Bücher zu durchsuchen.
Doch wie der Name schon sagt, gibt es hier einen großen Nachteil: Es sind nur aktuell lieferbare Bücher vertreten, viele ältere Ausgaben, die z.B. gebraucht noch leicht erhältlich wären, fehlen.
Dazu kann man sich bei den Suchergebnissen nicht auch direkt die Übersetzer anzeigen lassen, man muss auf die jeweilige Einzelanzeige klicken und hat somit insgesamt viel Friemelei.
Informationen über die Qualität einer Übersetzung gibt es sowieso nicht.
Keine allzu überzeugende Methode also.
Eine Anlaufstelle, die ich auch immer gerne benutze, ist Amazon. Amazon hat den Vorteil, dass auch etliche alte, nur noch gebrauchte Ausgaben gelistet sind.
Der Nachteil ist freilich, dass man hier nur sehr begrenzt Informationen über die Qualität einer Übersetzung erhält. Klar, man kann die Rezensionen nach dem Stichwort „Übersetzung“ durchsuchen, manchmal findet man damit auch brauchbare Informationen, die Regel ist es allerdings nicht.
Noch eine Möglichkeit wäre die Suche auf isbn.de. Die Seite ist ein inoffizielles Portal für Bücher, eBooks und Hörbücher, die eine ISBN-Nummer tragen. Für Recherchezwecke allgemein sehr nützlich, für den Zweck, nach Übersetzungen zu suchen, allerdings nur begrenzt, denn auch hier muss man viel klicken.
Praktisch ist hier aber, dass man in den meisten Fällen rudimentäre Angaben zum Übersetzer, wie z.B. das Geburtsjahr findet. So kann man zumindest annähernd das ungefähre Alter einer Übersetzung recherchieren und altbackene Versionen vermeiden.
Und am Ende bleibt da natürlich noch Google. Manchmal findet man mit einer simplen Suche nach „<buchtitel> Neuübersetzung“ den ein oder anderen Artikel, der Infos oder sogar eine Rezension zu einer aktuellen Ausgabe liefert. Leider führt aber mindestens die Hälfte der Links immer zu irgendwelchen Shops. Als zusätzliche Anlaufstelle aber trotzdem ok.
Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden
Die Übersicht zeigt: Die Situation ist für den Leser ziemlich unbefriedigend. Wer Informationen zu verfügbaren Klassikerübersetzungen und dann dazu auch noch zur Qualität dieser Übersetzungen sucht, der muss bereit sein, Zeit zu investieren. Sollte sich der Buchhandel mirakulöser Weise entschließen, hier irgendwann einmal eine Datenbank anzubieten, ich würde einen Luftsprung machen.
Glücklicherweise wird die Suche mit der Zeit wenigstens leichter, dann nämlich, wenn man die Namen der Übersetzer wiedererkennt. Wenn ich sehe, dass z.B. Lutz-W. Wolff, Andreas Nohl oder Swetlana Geier einen Klassiker übersetzt haben, dann weiß ich, dass ich hier problemlos zugreifen kann. Immerhin.
Dies hier sind die Methoden, mit denen ich versuche, das Problem zu lösen. Wie haltet ihr das? Macht ihr euch bei Klassikern Gedanken darüber, welche Ausgabe ihr liest?
Oder hat jemand noch einen Geheimtipp für mich, wie man an eine vernünftige Übersicht mit verfügbaren Übersetzungen kommt?