Dan Carlin – Prophets of Doom (Hörbuch)
D

Dieser Beitrag ist anders. Zum einen handelt es sich bei Prophets of Doom um kein „richtiges“ Hörbuch, sondern um eine Podcastfolge. Zum anderen ist die Geschichte keine Fiktion, wie fast alle Geschichte auf meinem Blog, sondern tatsächlich passiert. Und noch dazu ist sie nicht auf Deutsch, sondern Englisch.
Warum ich sie trotzdem hier vorstelle? Weil diese Geschichte zu absurd und zu unterhaltsam ist, um sie euch vorzuenthalten.

Dan Carlin und seinen fantastischen Podcast Hardcore History habe ich in einem anderen Beitrag bereits einmal vorgestellt, in diesem Post geht es um die konkrete Episode #48 Prophets of Doom.

Die Geschichte der Täuferbewegung

Die 1530er waren im deutschen Raum eine Zeit religiöser Unruhen. Die Reformation sorgte für viel Wirbel und brachte Gruppen wie die Täuferbewegung (auch Anabaptisten genannt) hervor.
Die Täufer basierten im Kern auf dem neuen Protestantismus. Eines ihrer Hauptkennzeichen war, dass sie die Kindstaufe ablehnten und dafür die Erwachsenentaufe postulierten.
In Münster wurde ein radikaler Zweig dieser Bewegung so stark, dass die Anabaptisten die Stadt übernahmen und ihren Propheten zum Gottkönig ernannten. Doch der Reihe nach.

Anfang der 1530er sorgten in Münster Streitigkeiten zwischen katholischem und protestantischem Teil des Stadtrates für eine instabile Situation. Als 1533 die protestantische Seite des Rates schließlich die Mehrheit erhielt, gewann der radikale Prediger Bernd Rothmann an Einfluss. Das führte zu weiteren Unruhen und ließ die Täuferbewegung, der Rothmann angehörte, stärker werden.

Münster das „Neue Jerusalem“ und der Prophet der Apokalypse

Anfang des nächsten Jahres schließlich erschienen die nächsten wichtigen Figuren unserer Geschichte auf der Bildfläche. Jan Mathys, ein Prophet der niederländischen Täuferbewegung erschien in Münster. Mit sich brachte er Jan van Leiden, den späteren Gottkönig.
Mathys war ein charismatischer Anführer und begabter Rhetoriker. Seine Visionen erhielt er direkt von Gott, der zu ihm sprach. Mit seinem Ruf und seinen Predigten zog er viele Anhänger der Täufer aus dem Umland in die Stadt.
In Münster sah er den Ort für das „Neue Jerusalem“, das am Ende der bevorstehenden Apokalypse entsteht. Mathys kannte sogar das Datum für die Apokalypse: Ostern 1534.

Als die Täufer schließlich die Stadtratswahlen gewannen und die Herrschaft über Münster übernahmen, gab es zwei Optionen: Münster verlassen, oder sich ihnen anschließen.
Die Täufer führten in der Stadt eine Art kommunistische Gesellschaft ein. Enteignungen, Verallgemeinerung, das volle Programm.
Währenddessen wurde von außen unter Führung des Bischofs Franz von Waldeck ein Belagerungsring um die Stadt gezogen, um sie zurückzuerobern und die radikalen Fanatiker loszuwerden.

Als Ostern 1534 die Apokalypse überraschenderweise ausblieb und Jesus Christus sich nicht blicken ließ, zog Jan Mathys unbewaffnet vor die Stadt und ritt in die Menge der Belagerer. Der Prophet wurde zerhackt und sein Kopf auf einem Stock in den Boden vor der Stadt gerammt.

Jan van Leiden tauft ein Mädchen | Die Wiedertäufer von Münster

Johann Karl Bähr:
Jan van Leiden tauft ein Mädchen

Bildquelle: Wikimedia Commons / LWL-Landesmuseum

Prophet of Doom – Ein Gottkönig in Münster

Man könnte vermuten, dass die Bewegung ohne ihren charismatischen Anführer schnell an Kraft verlieren würde, doch in diesem Fall gab es einen zweiten Mann, der sogar noch charismatischer als Jan Mathys war: Der zweite Jan, Jan van Leiden. Er war nun der neue Prophet Gottes, denn auch er hatte einen persönlichen Draht zum Herrn.

Und unter van Leiden wird die Geschichte erst wirklich verrückt:

  • Ein Angriff der Belagerer, der wegen zu viel Alkohol völlig absurd endet
  • In der zuvor sehr strengen und prüden Stadt wird plötzlich die Polygamie eingeführt
  • Ein weiterer Angriff scheitert krachend – Futter auf die Mühlen derer, die sich als auserwählt betrachten
  • Jan van Leiden ernennt sich als „neuer David“ zum Gottkönig Johannes I
  • Spione, Verrat, ein Umsturzversuch, Aushungern der Stadt als letztes Mittel, Kannibalismus


Immer wenn man denkt, die Geschichte des Täuferreiches könnte nicht noch abgefahrener werden, wird sie es doch.
1535 schließlich konnten sich die ausgehungerten Täufer nicht länger halten und die Stadt wurde zurückerobert. Tausende Menschen verloren ihr Leben.
Noch heute hängen die drei Käfige, in denen die Leichen der Täuferanführer aufgehängt wurden, an der St. Lamberti-Kirche in Münster.

Der Sprecher: Dan Carlin – A fan of History

Diese groteske Episode erzählt Dan Carlin nun in gut vier Stunden und er erzählt sie auf seine gewohnte sehr bildhafte Art und Weise. Metaphern, Vergleiche und Kommentare sorgen für einen Spannungsbogen, der die Geschichte zu keiner Zeit trocken und zäh werden lässt. (Was bei derart absurden Ereignissen sowieso schwierig sein dürfte.)

Dan betont immer wieder selbst, dass er kein professioneller Historiker, sondern „a fan of history“ ist, von daher ist der Vortrag zwar sorgfältig und tief recherchiert, muss sich aber nicht mit den üblichen wissenschaftlichen Relativierungen und Abwägungen herumschlagen.
Für den Zuhörer ist das ein großer Gewinn.

Der ein oder andere mag sich, vor allem bei den Namen, erst ein wenig an den amerikanischen Akzent gewöhnen müssen, doch insgesamt gibt es wenige Podcaster, die so gute und verständliche Audioqualität liefern wie Dan Carlin. (Siehe die Hörprobe unten)
Einem „richtigen“ Hörbuch steht dieser Podcast in nichts nach, weshalb ich mich auch entschlossen habe, diese Folge hier vorzustellen. Für knapp 2$ erhält man vier Stunden wunderbare Unterhaltung.

Hörprobe: Prophets of Doom

Der Autor: Dan Carlin

Dan Carlin (*1965) ist ein amerikanischer Podcaster. Sein Podcast Hardcore History zählt zu den bekanntesten Geschichtspodcasts der Welt. Er ist für seinen Detailreichtum und seine umfangreichen Episode bekannt.

Wie Carlin aber stets betont, ist er selbst kein professioneller Historiker, sondern „just a fan of history“. Manche Historiker kritisieren sein Storytelling als vereinfachend und popularistisch, Fans seiner Podcasts dagegen schätzen genau das. Häufige Themen seiner Werke sind römische Geschichte, die Geschichte der Gewalt und die Weltkriege.

Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):

  • The End is always near
  • Common Sense (Podcast)

Website: www.dancarlin.com

Daten und Links zum Podcast

  • Autor: Dan Carlin
  • Titel: Prophets of Doom
  • Reihe: Dan Carlin’s Hardcore History

Prophets of Doom basiert auf der wahren Geschichte des Täuferreichs von Münster.
Als reine Audioproduktion gibt es keine direkte Buchvorlage.

Cover zu Dan Carlin - Prophets of Doom

0 0 votes
Article Rating

Kommentare

Nimm dir eine Minute und lass einen Kommentar hier
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments

Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du diese Seite benutzt, gehe ich davon aus, dass du damit einverstanden bist. Datenschutzinformationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen